Nächtliche Jäger – Eulen in Deutschland

Uhu im Flug
Uhu im Flug

Eulen faszinieren uns Menschen schon immer: die elegante Lautlosigkeit beim Flug, das Drehen des Kopfes um 270° und ein stechend intensiver Blick. Den meisten unter uns ist der schaurige Ruf des Waldkauzes aus Krimis und Horrorfilmen bekannt, tatsächlich zu Gesicht bekommen wir die hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktiven Tiere kaum. Die durch „Harry Potter“ sehr populär gewordene Schnee-Eule beispielsweise kommt in Deutschland überhaupt nicht vor, sie bevorzugt nördlichere Gebiete bis hin zu Arktis.

Lernen Sie hier mehr über in Deutschland beheimatete Eulen, ihre Eigenschaften und Lebensweisen kennen. Und mit etwas Glück erhaschen Sie auch einmal einen Blick auf die wunderschönen Geschöpfe in freier Natur.

Heimische Eulenarten

Sperlingskauz
Nur faustgroß: der Sperlingskauz

In Deutschland brüten zehn von 13 in Europa vorkommenden Eulenarten. Innerhalb der Eulen wird zwischen den beiden Familien der Schleiereulen und der Eigentlichen Eulen unterschieden. Im Deutschen gibt es neben dem Wort „Eule“ auch noch das Wort „Kauz“, Ersteres beschreibt eher schlanke Eulen und Letzteres rundliche, gedrungene Arten. In keiner anderen europäischen Sprache gibt es diese Unterscheidung.

Die größte in Deutschland vorkommende Eulenart ist der Uhu mit einer Größe von 75 cm, einer bis zu 168 cm messenden Flügelspannweite und einer Lebenserwartung von bis zu 25 Jahren. Am kleinsten ist der Sperlingskauz, er ist gerade einmal so groß wie eine Faust. Seine Lebenserwartung beträgt etwa 12 Jahre. Hier finden Sie eine Auflistung der in Deutschland beheimateten Eulenarten:

  • Uhu (75 cm)
  • Habichtskauz (60 cm)
  • Sumpfohreule (42 cm)
  • Waldkauz (49 cm)
  • Waldohreule (37 cm)
  • Schleiereule (35 cm)
  • Raufußkauz (25 cm)
  • Steinkauz (23 cm)
  • Zwergohreule (20 cm)
  • Sperlingskauz (18cm)

Merkmale

Nahaufnahme Uhu
Nahaufnahme Uhu

Der Körperbau von Eulen ist gedrungen und ihr Kopf, im Vergleich zu anderen Vogelarten, überproportional groß und rundlich. Sie sind auf die nächtliche Jagd spezialisiert und daher haben sie spezifische Merkmale im Lauf der Evolution ausgeprägt. Uns erscheint ihr Gesicht fast menschlich, was an ihren nah beieinander liegenden Augen und dem stark gekrümmten, nasenartigen Schnabel dazwischen liegt. Die Fähigkeit, den Kopf um 270° drehen zu können, wird durch 14 Halswirbel ermöglicht. Menschen und Säugetiere besitzen hingegen nur 7 Halswirbel.

Augen
Die großen, nach vorne gerichteten Tubularaugen sind unbeweglich, dafür sehen Eulen durch die verkürzte Retina und konvexen Linsen binokular: Sie können Gegenstände oder Beutetiere räumlich wahrnehmen und sogar Geschwindigkeiten und Abstände abschätzen. Anstatt die Augen zu bewegen, drehen Eulen ihren Kopf um 270° und haben somit ein stark erweitertes Sichtfeld. Geschützt werden ihre Augen durch ein unteres und oberes Lid sowie durch eine Nickhaut. Oft wird vermutet, dass Eulen besonders gut bei Nacht sehen können und am Tag fast blind sind. Dies ist ein Irrglaube, ihr Sehvermögen ist auch bei Tag exzellent. Bei Nacht benötigen ihre Augen zumindest einen minimalen Lichteinfall, in kompletter Dunkelheit können auch sie nichts wahrnehmen.

Ohren
Eulen besitzen schlitzförmige Ohröffnungen, die fast der Länge des Kopfes selbst entsprechen. Die Besonderheit dabei ist, dass diese nicht symmetrisch am Kopf angeordnet sind, denn die rechte Öffnung liegt etwas höher. Bei allen Gattungen ist diese Asymmetrie anzutreffen, jedoch in unterschiedlich starker Ausprägung. Ein von der Seite kommendes Geräusch wird für den Bruchteil einer Sekunde früher wahrgenommen und der Teil des Gehirns, welches für das Gehörzentrum verantwortlich ist, ist extrem gut entwickelt. Während Krähen dort etwa 27.000 Nervenzellen besitzen, kann eine Schleiereule mit 97.000 aufwarten. Vor und hinter dem Ohr besitzen Eulen bewegliche Ohrläppchen, die mit kleinen harten Federn ausgestattet sind und die Geräuschortung unterstützen.

Gefieder
Obwohl ihre Beutetiere, wie z. B. Kaninchen oder Mäuse, selbst ein außerordentlich gutes Gehör haben, bemerken sie eine herannahende Eule erst, wenn es zu spät ist. Der nahezu lautlose Flug von Eulen wird durch die Größe ihrer Flügel und besondere Struktur ihres Gefieders ermöglicht. Die Kanten der einzelnen Federn sind nicht glatt wie bei anderen Vögeln, sondern kammartig ausgefranst. Zusammen mit der samtig weichen Oberflächenstruktur ihrer Federn werden Geräusche, die durch Reibung beim Fliegen entstehen, fast komplett eliminiert.

Lebensweise

Sumpfohreule
Sumpfohreulen brüten am Boden

Balz & Brutverhalten
Im Herbst und Frühjahr beginnen die Eulen mit der Balz, wobei die Männchen durch nächtliche Rufe versuchen, ein Weibchen anzulocken und damit gleichzeitig ihr Revier abgrenzen. Da bei fast allen Arten die Aufzucht der Jungen sehr lange dauert, beginnt das Brutgeschäft bereits sehr früh im Jahr, teilweise schon im Februar. Bis auf die Sumpfohreule bauen Eulen keine eigenen Nester, sie brüten in Höhlen oder teils auch offen in alten Nestern oder auf dem Waldboden. Im Abstand von ein bis mehreren Tagen werden die Eier gelegt, die immer rund und weiß sind. Das Weibchen verbleibt während der Brut im Nest und wird vom Männchen mit Nahrung versorgt. Im Schnitt brüten sie etwa einen Monat und die Jungen schlüpfen asynchron, also im gleichen Zeitabstand, wie die Eier gelegt worden sind. Somit sind in Eulennestern immer Küken in verschiedenen Entwicklungsstadien anzutreffen. Die kleineren kommen bei der Fütterung stets zu kurz und bei Nahrungsknappheit überleben nur die älteren und stärkeren Jungtiere. Selbst wenn sie flügge werden, bleibt der Nachwuchs noch einige Zeit im elterlichen Revier und der Familienverband löst sich erst mit dem Einsetzen der Herbstbalz auf.

Beute & Jagdverhalten
Je nachdem, wo sie anzutreffen sind, haben Eulen ihre Jagdtechniken dementsprechend spezialisiert. Während im Wald lebende Arten eine Ansitzjagd (Auflauern der Beute von einem Ausschauplatz aus) praktizieren, jagen in offeneren Landschaften lebende Arten durch Pirschflüge. In beiden Fällen wird die Beute vom Ausschauplatz oder aus dem Flug heraus fixiert und der Flug kurz vor dem Zusammentreffen abgebremst. Dabei strecken die geräuschlosen Jäger ihre Beine weit vor, spreizen die Zehen und packen ihre Beute mit einem gleichzeitigen Tötungsbiss. Ihre vier Zehen, von denen zwei nach vorne und zwei nach hinten zeigen, sind ebenfalls einzigartig. Die vierte Zehe wird auch Wendezehe genannt, denn sie kann entweder vorwärts oder rückwärts gerichtet werden. Dies macht den Fuß der Eule zu einer tödlichen Waffe.

Beuteschema
Je nach Größe der Eulenart, variiert auch die Größe der Beutetiere. Hauptsächlich dienen kleine Säugetiere wie Mäuse als bevorzugte Beute, aber ein Uhu kann auch größere Tiere wie Feldhasen oder andere Eulenarten mühelos erlegen. Des Weiteren jagen Eulen andere Vögel, Fische, Regenwürmer, Schnecken oder Schlangen. Auch vor großen Käfern, Fröschen oder Motten machen sie nicht halt. Sogar Aas steht bei vielen Eulenarten auf dem Speiseplan. Dies machte in der Vergangenheit vor allem dem Uhu zu schaffen, da in seinem Gewölle immer wieder Hirsch- und Rehbestandteile nachgewiesen wurden und ihn somit als Schädling erscheinen ließ. Als Gewölle werden nicht verdaubare Bestandteile der Nahrung bezeichnet, die nach dem Fressen wieder hochgewürgt und ausgespuckt werden.

Ruhe und Flug
Die meisten Eulen sind dämmerungs- und nachtaktiv, sie schlafen am Tag und jagen in der Nacht. Die Sumpfohreule ist jedoch tagaktiv und auch der kleine Sperlingskauz sucht sich gezielt die Zeit aus, wo die wenigsten anderen Eulen unterwegs sind, um nicht selbst zur Beute zu werden.

Eulenschutz

Freileitungen
Todesfalle für Eulen: Freileitungen

In Deutschland gelten mit Ausnahme des Waldkauzes alle Eulenarten als gefährdet. In vielen Gebieten ist die Sumpfohreule sogar vom Aussterben bedroht. Die Bedrohung und Zerstörung ihres Lebensraumes sind hauptsächlich für den Rückgang der Populationen verantwortlich. Vor allem der Uhu hat es schwer, in manchen Gebieten kommt er überhaupt nicht mehr vor. Das liegt auch daran, dass er noch bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts als Schädling gejagt und getötet wurde. Auch die mittlerweile verbotene Hüttenjagd hat die Bestände drastisch dezimiert. Heute ist der Kontakt mit Freileitungen der Hauptgrund für getötete Uhus. Da der Uhu gerade während der Brutzeit sehr empfindlich gegen Störungen ist, werden in den Brutgebieten Ruhezonen eingerichtet und für den Tourismus gesperrt. Es gibt auch spezielle Programme zur Wiedereinbürgerung des Uhus, damit sich Bestände wieder erholen können.

Wer möchte, kann auch selbst aktiv zum Eulenschutz beitragen. Wer einen Garten mit Obstbäumen hat, kann dort Steinkauzröhren aufhängen. Von einem Eulenfachmann kann auch beispielsweise ein Schleiereulennistkasten am Dachgiebel angebracht werden. Wer Klettersport betreibt oder Gleitschirmflüge unternimmt, sollte Rücksicht auf die störungsempfindlichen Eulen nehmen und Abstand von Uhufelsen halten. Schornsteine, Schächte oder Brunnen sollten vergittert werden, dies schützt Eulen vor Unfällen. Vielerorts gibt es auch Eulenschutzgruppen, die ehrenamtliche Hilfe gerne annehmen oder die durch Spenden unterstützt werden können. Helfen Sie mit und tragen Sie dazu bei, dass die faszinierenden Vögel auch weiterhin bei uns beheimatet bleiben.

Bildquelle: pixabay.com

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